Verschwundene Arbeit,
untergegangene Berufe in Leutershausen

Ein Kalender von 1997,
herausgegeben vom CDU-Ortsverband Leutershausen,
sammelte in liebevoller Arbeit die alten, untergegangen Berufe.

Die Idee und Konzeption stammen von Josef Fey,
der mir erlaubte, seinen Text und die Bilder für unsere Galerie zu verwenden.
Hiefür möchten ich ihm herzlich danken.

Danken möchten wir auch allen Beteiligten
für die Überlassung von Bildmaterial und Gedankengut.

Frau Ursula Kowitz aus Leutershausen
danken wir für die freundliche Überlassung Ihres Kalenders zur Bearbeitung
für die Bildergalerie.

Der Amtsdiener Georg Probst

geb. am 10.03.1907 in Leutershausen

Die Tätigkeit als Amtsdiener war in den früheren Jahren eine wichtige Aufgabe in der Gemeinde. Georg Probst wurde dieses Amt ab 1. September 1952 übertragen, nachdem er zuvor ab 1948 als Vorarbeiter bei der Gemeinde Leutershausen beschäftigt war. Mit dieser Tätigkeit war das Ausschellen, also die Verlautbarung der öffentlichen Bekanntmachungen verbunden. An 39 Stellen im Ort ließ er die Ortsschelle ertönen. Es öffneten sich Türen und Fenster um die neuesten Mitteilungen des Bürgermeisteramtes zu erfahren. Zu jener Zeit hatten die Bauern und Handwerker ihre Pferdefuhrwerke oder die Handkarren angehalten, wenn der „Schelle-Schorsch“ seine Stimme ertönen ließ. Diese Art der öffentlichen Bekanntmachung wurde am 31. Dezember 1964 eingestellt, da ab 1. Januar 1965 das Mitteilungsblatt der Gemeinde erschien. Der Dienst des Amtsdieners wurde damit allerdings nicht beendet, denn nach wie vor waren Briefe zuzustellen, Mitteilungen zu übermitteln, Plakate auszuhängen oder sonstige Mitteilungen an den Anschlagtafeln anzubringen. Georg Probst schied am 1. April 1972 aus dem Dienst der Gemeinde Leutershausen aus und trat in den Ruhestand.

 Georg Probst erlernte bei Johann Leitwein in Großsachsen das Malerhandwerk und war dort viele Jahre als Geselle tätig, ehe er sich im August 1933 selbstständig machte und einen eigenen Handwerksbetrieb gründete, den er bis 1936 führte. Danachtrat er bei der Post in den öffentlichen Dienst. 1940 wurde er zum Wehrdienst eingezogen und war bis Kriegsende Soldat. Nach kurzer Gefangenschaft und Rückkehr in die Heimat arbeitete er in einer Schweißerei.

 Georg Probst hat sich auch in der Freizeit in den Dienst der Allgemeinheit gestellt. So gehörte er mehr als 70 Jahre dem Roten-Kreuz-Ortsverein an und stand Jahrzehnte in den Reihen der Aktiven. Seit mehr als 70 Jahren ist er aktiver Sänger beim Männergesangverein 1884 e.V. Leutershausen, wo er ebenso wie beim DRK zu den Ehrenmitgliedern zählt.

 

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Der Bierbrauer Heinrich Schröder

geb. am 13.06.1888 in Leutershausen,
gest. am 06.12.1977 in Leutershausen

Heinrich Schröder erlernte das väterliche Handwerk um die Tradition der im Jahre 1847 gegründeten Brauerei Schröder fortzusetzen. Seine Gesellenjahre verbrachte er in München, Koblenz und Berlin. In Berlin absolvierte er noch ein Studium an der Brauerei-Akademie. Im ersten Weltkrieg war Heinrich Schröder wie seine Brüder Soldat, so daß sie als Hilfe im Brauereibetrieb ausfielen. Der Vater Johannes Schröder mußte, da er selbst gesundheitlich angeschlagen war, den Braubetrieb einstellen. Er verstarb am 26. Dezember 1923, und nach dem Tod seiner Ehefrau im Jahre 1925 ging der Betrieb auf die sechs Kinder über, die ihn am 11. Februar 1926 als Familien GmbH wieder eröffneten. Am Ostersamstag 1926 kam das erste Bier in altbekannter Qualität zum Ausschank. Dank der guten Unterstützung seitens der Leutershausener Bevölkerung und aufgrund der Bierqualität könnte ein guter und treuer Kundenstamm aufgebaut werden. Am 18. März 1937 traten vier Geschwister aus der Gesellschaft aus und verkauften ihre Anteile an die Gesellschafter Heinrich Schröder und Sofie Ost, geb. Schröder. Heinrich Schröder zog sich 1958 aus dem Betrieb zurück. Damit ging die Brauarbeit in Leutershausen zu Ende, da der Sohn Hans Schröder, der den Brauberuf erlernt hatte, im zweiten Weltkrieg in Russland gefallen ist.

Brauer und Mälzer sind interessante Berufe. Das Bier wird heute noch nach dem ältesten Lebensmittelgesetz der Welt aus dem Jahre 1516 hergestellt. Zum Bierbrauen ist die richte Dosierung von Wasser, Hopfen, Malz, Hefe und Know-how wichtig.

Bier gibt es seit mehr als 6000 Jahren. Den Sumerern, einem Volk das zwischen Euphrat und Tigris, dem heutigen Irak, lebte, wird die Erfindung zugeschrieben.

Auch wenn sich die Herstellung von Bier grundsätzlich einfach anhört, so steckt doch eine ungeheure Portion Erfahrung, Sorgfalt, Sauberkeit und Know-how dahinter.

Jedes der in Deutschland gebrauten über 4000 verschiedenen Biere hat eine eigene Rezeptur.

 

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Die Botengängerin Margaretha Egner

geb. am 08.12.1866 in Leutershausen,
gest. am 09.06.1960 in Leutershausen

Margaretha Egner, liebevoll „Schwester Gretchen“ genannt und auch so nur weithin bekannt, war über Jahrzehnte hinweg als Arzneibotin von Leutershausen nach Schriesheim, und wieder zurück, unterwegs. Sie nahm die ärztlichen Verordnungen entgegen, sammelte sie und holte in der Apotheke in Schriesheim die Arzneimittel ab um sie den Kranken zuzustellen. Diesen wertvollen Botendienst übte Margaretha Egner bis ins hohe Alter aus.

Margaretha Egner war ledig. Sie soll in ihrer Jugend eine äußerst hübsche Erscheinung und Männern gegenüber sehr wählerisch gewesen sein, so daß sie letztlich den Anschluß verpaßte. Mit 35 Jahren nahm sie ein Kind (Mädchen) an, zog es groß und vermachte ihm ihr Vermögen.

 „Schwester Gretchen“ soll abergläubig gewesen sein. So habe sie Haarnadeln in die Fensterbank gesteckt und am Abend,  vor dem Schlafengehen, drei weiße Kreuze an der Schlafzimmertür angebracht. Im Alter, so war zu hören, soll sie es mit der häuslichen Hygiene nicht mehr so genau genommen haben. Auch Haustiere sollen hie und da in ihrer Wohnung zu finden gewesen sein.

Margaretha Egner starb im Alter von 94 Jahren ohne vorher je einmal krank gewesen zu sein.

 

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Der Farrenwärter

Johannes Löb

geb. am 11.11.1913 in Emental/Besarabien,
gest. am 06.06.1996

 

Er war in seiner Heimat nach der Tätigkeit im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb selbständiger Landwirt. Nach der Vertreibung fand er in Leutershausen eine zweite Heimat und war bis 1952 in verschiedenen Firmen tätig. Ab 1. Oktober 1952 trat er als Vorarbeiter und Farrenwärter in den Dienst der Gemeinde.

Dem Farrenwärter oblag die Vatertierhaltung der Gemeinde. Er war für die Pflege der Bullen, Eber und Ziegenböcke zuständig, für die Tiere zum Deckakt und führte die Deckregister. Darüber hinaus hatte er für den Futter- und Strohvorrat zu sorgen, die Stallungen und Sprungstände in Ordnung zu halten.

Die Tätigkeit als Farrenwärter endete mit der Einführung der künstlichen Besamung im Jahre 1961.

Danach widmete sich Johannes Löb voll seiner Aufgabe als Vorarbeiter bis er am 1. Dezember 1978 in den Ruhestand trat.

Anschließen war er bis zum 31. Dezember 1983 teilzeitbeschäftigt im Vollzugsdienst und in der Feldhut.

 

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Die Hebamme

Margarethe Keil

geb. am 18.12.1889 in Leutershausen,
gest. am 21.03.1975 in Heidelberg

Eva Wetzel, geb. Schwefel

geb. am 18.03.1887 in Leutershausen,
gest. am 30. 07.1961 in Weinheim

Margarethe Keil war von 1921 bis 1961 als Hebamme in Leutershausen tätig. Sie erfuhr eine Ausbildung als Krankenschwester und absolvierte dann Lehrgänge zur Qualifikation als Hebamme. Ihre erste Geburt in Leutershausen waren Zwillinge. Sie leistete Hilfe bei der Geburt von Hilde und Hedwig Schrödersecker. Neben ihrem Beruf als Hebamme hat Margarethe Keil viele soziale Dienste geleistet und ärmeren Mitmenschen Hilfe und Unterstützung gewährt. Margarethe Keil war die letzte Gemeindehebamme. Immer mehr gingen die Hausgeburten zurück und den Geburten auf den Entbindungsstationen der Kliniken wurde der Vorzug gegeben. Damit war für die Hebamme vor Ort die Arbeitsgrundlage entzogen und eine weitere freiberufliche Tätigkeit verschwand aus dem dörflichen Leben.

Eine unangenehme Erfahrung aufgrund ihres Berufes mußte die Gemeindehebamme gleich nach Kriegsende machen. Der Ort war  von amerikanischen Soldaten besetzt. Margarethe Keil wurde zur Geburtshilfe gerufen zu einer Zeit als für die Bevölkerung Ausgangssperre verhängt war worauf bekanntlich neue Erdenbürger keine Rücksicht nehmen. Sie machte sich auf den Weg zur Geburtshilfe, lief natürlich prompt in eine Kontrolle und wurde vorübergehend festgenommen bis geklärt war, zu welchem Zweck sie sich im Ort bewegte.

 

Eva Wetzel hat als 20jährige den Beruf als Hebamme ergriffen. Über 50 Jahre hinweg hat sie diesen Beruf ausgeübt und sich dabei im Ort großes Vertrauen erworben. Sie wurde ob ihrer Berufskenntnisse besonders geschätzt. Ihr Amt war in jener Zeit nicht nur berufliche Erfüllung, sondern erforderte viel Nächstenliebe und fürsorgliche Hilfe, vor allem in den Kriegs- und Nachkriegsjahren. In wie vielen Häusern und Familien die „Schwefelsamm“ ein- und auszugehen hatte und wie vielen jungen Erdenbürgern sie in diesen fünf Jahrzehnten ihres Wirkens in Leutershausen die Wiege aufstellte, soll hier nicht aufgezählt werden. Nicht selten war es vorgekommen, daß sie in manchen Familien in der dritten Generation als Geburtshelferin amtierte. Bei all dem fand Eva Wetzel keine Rast und Ruhe. Ihr Haupterwerb war nach ihrer Verehelichung die Landwirtschaft mit Obst- und Gemüsehandel. Gar oft wurde die halbe Nacht „Markt“ gerichtet und bis ins Morgengrauen am Bett einer werdenden Mutter verbracht. Erholung und Entspannung, Ausflugsfahrten oder gar Urlaub kannte sie nie. Tage der Erholung in jener Zeit waren für Frau Wetzel die Teilnahme an Fortbildungskursen in Heidelberg und Karlsruhe. 1957 gab sie ihre Tätigkeit als Ammebäsel und Storchentante auf.

 

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Der Huf-

und Wagenschmied

Kurt Elfner

geb. am 29.03.1918 in Leutershausen

Er entstammt einer in diesem Beruf verhafteten Handwerksfamilie. Großvater Andreas betrieb ab 1873 im Anwesen Großsachsener Straße 4, damals noch Hauptstraße 16, eine Schmiede.

Ab 1904 übernahm der Vater Adam Elfner die Schmiede, die dann 1949 an dessen Sohn Kurt Elfner überging. Zuvor legte dieser die Meisterprüfung und die Prüfung zum Hufbeschlagschmied an der Hufbeschlagschule Karlsruhe ab.

Neben dem Beschlagen der Pferde und der als Zugtiere eingesetzten Kühe gehörte die Pflege der Hufe und Klauen ebenso zur Arbeit des Schmieds wie das Aufziehen der Eisenreifen auf die Wagenräder und auch deren Reparatur.

Die Elfner-Schmiede wurde bis zum Jahre 1963 betrieben.

Danach betätigte sich der rüstige Rentner als Hufschmied noch auf den umliegenden Bauernhöfen und Reitplätzen und reparierte auch landwirtschaftliche Geräte.

Heute steht er seinem Enkel Peter Mildenberger mit Rat und Tat zur Seite, der am 1. März 1996 in der Hauptstraße 5 einen Schlossereibetrieb eröffnet hat.

 

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Die Krautschnitterin

Maria Hüller, geb. Bock

geb. am 17.07.1902 in Leutershausen,
gest. am 20.10.1982 in Leutershausen

Maria Hüller, geb. Bock, Tochter des früheren Polizeidieners Adam Bock, hat in jungen Jahren schon einen wertvollen Dienst im Ort übernommen, den der Krautschnitterin. Im Spätjahr, nach der Erntereife des Weißkrauts und nach Anlieferung und Kauf von Filterkraut, war sie Tag für Tag mit ihrem Krauthobel unterwegs um ihrer Arbeit nachzugehen. Bis spät in die Nacht hinein wurde das Kraut fein geschnitten, denn jede Hausfrau wollte so bald als möglich, das Sauerkraut aus dem Keller holen. Maria Hüller ging von Haus zu Haus und alle im Dorf kannten die Krautschnitterin. Sie war eine begehrte Person, denn in früheren Jahren gab es kein Frischgemüse in den Wintermonaten zu kaufen um es der Familie zu servieren. Da wurden sauere Bohnen und natürlich das Sauerkraut gerne auf den Tisch gebracht, das aus eigener Erzeugung stammte und im Keller reifte. Dort standen die „Krautstenner“, große Steinzeuggefäße, in die das Kraut nach dem Schneiden frisch eingestampft wurde.

Aufgabe der Krautschnitterin war es, das Kraut zu putzen, mit dem Krautbohrer den Strunk zu entfernen um dann das Kraut mit dem Krauthobel zu schneiden.

 

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Der Küfer

Alois Beichel

geb. am 26.07.1902 in Leutershausen,
gest. am 20.03.1971 in Mannheim

Er erlernte nach der Entlassung aus der Volksschule und der Rückkehr seines Vaters Valentin Beichel aus dem Krieg von 1918 bis 1921 im elterlichen Betrieb das Küferhandwerk. Nach den Lehrjahren und bestandener Gesellenprüfung zog es ihn in die Fremde. In seinen Wanderjahren erweiterte er seine Kenntnisse im Stuttgarter Raum und in Bickensohl am Kaiserstuhl. Nach Hause zurückgekehrt arbeitete er ab 1922 in Käfertal bei der Firma Josef Herwerth, Weinbrennerei und Likörfabrik im Holzfach und in der Brennerei. Ab Mai 1926 unterstützte er wieder seinen Vater und besuchte den Meisterkurs in Weinheim. Am 23. April 1927 bestand er die Meisterprüfung und am 18. August 1931 wurde er als Inhaber des väterlichen Betriebes in die Handwerksrolle eingetragen. Neben seiner Tätigkeit als Küfer übte er zusammen mit dem Vater sowie Lehrlingen und Gesellen den Beruf des Landwirts und Schnapsbrenners aus. Seit 1903 besaß man das Brennrecht als Abfindungsbrennerei für Stoffbesitzer. Im zweiten Weltkrieg war er zum Zolldienst an die Grenze zwischen Luxemburg und Belgien eingezogen. Aus der Kriegsgefangenschaft in Frankreich kehrte er im Mai 1946 zurück. Der Vater war 1945 verstorben.

Die Arbeit des Küfers in Werkstatt, Hof und Keller war hart, mühsam und jahreszeitlich bedingt. Das Holz (Eiche, Kastanie) mußte ersteigert, gekauft und gelagert werden. Es wurde je nach Bedarf für Weinfässer, Zuber, Butten und Kübel gesägt, gehobelt, gebogen und geformt, Reparaturen auch bei Jauchefässern kamen hinzu.

Die Tätigkeiten als Küfer waren hauptsächlich im Spätsommer, Herbst und Winter nach der Obsternte und der Traubenlese gefragt. Die Apfel- und Traubenmühle und die Kelter waren fast täglich in Betrieb. Während der Wintermonate mußte der neue Wein von der Hefe abgelassen und die Fässer für die weitere Lagerung und den Ausbau des begehrten Haustrunks gereinigt werden.

Die Abkehr von der Weinlagerung in Holzfässern und die damit verbundene Einführung der Plastik- und Edelstahlbehälter bedeutete nicht nur für das Küferhandwerk sondern auch für die Faßfabriken das Ende.

 

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Der Maßschneider

Heinrich Mück

geb. am 21.02.1893 in Kürnbach,
gest. am 03.07.1974 in Leutershausen

Willy Salopiata 

geb. am 05.01.1921 in Millau / Kreis Lyck (Ostpreußen)
 

Heinrich Mück, der das Herren-Maßschneiderhandwerk erlernte, machte sich im Jahre 1920 in Leutershausen nach Ablegung der Schneider-Meisterprüfung in der heutigen Martin-Stöhr-Straße selbständig. Das Ansteigen des Kundenstammes machte eine Vergrößerung des Betriebes erforderlich, der ab Herbst 1925 durch die Fertigstellung des Neubaues in der Friedrichstraße 11 dorthin verlegt wurde. In der nun vorhandenen größeren Werkstätte waren zeitweise fünf Gesellen und ein Lehrling tätig. Am 1. Oktober 1953 war dann der Schwiegersohn Willy Salopiata als Teilhaber in des Schneidergeschäft seiner Schwiegervaters eingetreten, das dann als Geschäft Mück & Salopiata, Herren- und Damen-Maßschneiderei in die Handwerksrolle eingetragen war. Im Jahre 1966, mit Zunahme der Konfektionskleidung und dem damit verbundenen Kundenrückgang, wurde der Handwerksbetrieb ausgelöst.

Bevor es die nach Normalmaßen im voraus gefertigten Herren- und Knabenanzüge sowie Damen- und Mädchenkleider zu kaufen gab, war die Bevölkerung genötigt, die Kleidungsstücke bei einem Schneider oder einer Schneiderin anfertigen zu lassen.

 

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Der Sattler

Wilhelm Bock

geb. am 20.02.1904 in Leutershausen,
gest. am 14.12.1982

Der Landwirtssohn absolvierte von 1918 bis 1921 eine Lehre als Sattler in Weinheim in einem Handwerksbetrieb in der dortigen Grundelbachstraße, wofür er allerdings keinerlei Vergütung erhielt.

Dieser Beruf hat einen engen Bezug zur Landwirtschaft. 1924 machte sich der junge Handwerksgehilfe selbständig und so wurde in der Vordergasse 22 neben der Landwirtschaft auch eine Sattlerwerkstatt betrieben. Die Meisterprüfung legte Wilhelm Bock 1939 ab. In seinen ersten Berufsjahren gab es in Leutershausens Landwirtschaft noch keine Motorisierung. 154 Pferde wurden seinerzeit vor Wagen und Pflug gespannt. Die Feldgemarkung reichte bis zur heutigen Fenchelstraße und der Brandenburger Straße. Da es auf Leutershausener Gemarkung keine Wiesen gab, mußten Heu und Öhmd auf der Waid und den Weinheimer und Hemsbacher Wiesen geerntet werden. Mit dem Pferdefuhrwerk und der Mähmaschine wurde in den frühen Morgenstunden so zwischen 2 und 3 Uhr dorthin aufgebrochen. Die Heu- und Öhmdernte wurde dann nach zwei bis drei Tagen mit großen Heuwagen, oft spät in der Nacht, eingebracht. Da mußten die Geschirre der Pferde und hie und da auch Kühe in Ordnung sein. Wurde tagsüber ein Geschirr beschädigt, wurde es oft in der Nacht wieder repariert, damit es am nächsten Morgen wieder in Ordnung war und den Pferden aufgelegt werden konnte. So gab es während der Sommermonate viel zu tun und der Bockesattler fand oft kaum Zeit zum Schlafen. Ruhiger ging es in den Wintermonaten zu. Da wurden dann neue Geschirre angefertigt und größere Reparaturen durchgeführt. Oft war die Werkstätte, da sie gut geheizt war, für die Bauern auch ein Kommunikationsort an dem Neuigkeiten ausgetauscht wurden.

Die Motorisierung in der Landwirtschaft begann nach der Währungsreform. Der erste Schlepper in Leutershausen wurde 1935 von gräflich vom Wiser’schen Hofgut in Betrieb genommen. Wenn auch mit der Motorisierung die Sattlerarbeit etwas zurückging, war ein berufliches Betätigungsfeld durch die Reparatur von Artikeln für die Reiterei sowie von Taschen und Schulranzen gegeben. Wilhelm Bock jedenfalls führte seinen Beruf bis in hohe Alter aus.

 

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Der Stuhlflechter

Peter Probst

geb. am 28.06.1895 in Leutershausen,
gest. am 06.01.1970 in Heidelberg

Peter Probst war gelernter Maurer und hat als solcher über viele Jahre in Mannheim gearbeitet. Zuletzt war er bei der Fa. Heinrich Kraft, Bauunternehmen in Leutershausen beschäftigt. Hier lag das Hauptgebiet seiner Tätigkeit bei der Ver- und Bearbeitung von Sandsteinen an Neubauten oder Erstellung von Mauern und bei der Durchführung von Reparaturarbeiten. Peter Probst, ein Maurer alter Schule, hat auch den „Petersbrunnen“ in der Steig errichtet. Der Brunnen verdankt seinen Namen der Tatsache, daß neben Peter Probst weitere Leutershausener mit dem Vornamen Peter an der Errichtung beteiligt waren und zwar als Planer Architekt Peter Göhring, als Hilfsmaurer Peter Schneider und der Spengler und Installateur Peter Weber.

Das Peter Probst auch als Stuhlflechter tätig war ist darauf zurückzuführen, daß die Maurer für ihren Lebensunterhalt in den Wintermonaten selbst sorgen mußten. In der kalten Jahreszeit, in der nicht gearbeitet werden konnte, gab es keinerlei staatliche Unterstützung. Peter Probst suchte eine Tätigkeit, die er in der warmen Stube im Winter ausführen konnte. Da er handwerklich sehr geschickt war, interessierte er sich für das Stuhlflechten. Schwester Lisbia von der kath. Schwesternstation hat ihm das Stuhlflechten beigebracht und für sie hat er dann auch den ersten Stuhl, mit Sitz und Lehne aus Geflecht, gefertigt. Peter Probst fand für seine Tätigkeit als Stuhlflechter im Ort schnell Anerkennung und genügend Arbeit, denn er fertigte nicht nur neue Stühle an, sondern führte auch Reparaturarbeiten aus.

Stuhlrohrgeflechte hielten in England Einzug, als Charles I. einen reich geschnitzten Ebenholzstuhl mit einem Sitz aus Rohrgeflecht geschenkt bekam. Der Stuhl stammte aus Indien und war nach Europa eingeführt worden. Populär wurden die Stühle mit Rohrgeflecht in den 1670iger Jahren. Das Rohrgeflecht wird aus Rotangrohr gewonnen, das aus der botanischen Familie der Palmen stammt und daher keine Pflanze aus unserer Gegend ist. Das Rotangrohr ist im Gegensatz zu andern Palmen eine Kletterpalme, die hauptsächlich in den feuchten Tropenwäldern Indiens, Indochinas und den Malaiischen Archipels vorkommt.

 

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Der Wagner

Michael Gärtner

geb. am 04.06.1882,
gest. am 10.02.1977

 

Michael Gärtner erlernte den Beruf des Wagners, ein Handwerk, das künstlerischen Einschlag hat, sehr geschätzt und mit der Landwirtschaft verbunden war. Er machte sich im Jahre 1906 selbständig und führte seinen Handwerksbetrieb bis 1966.

Wagner (auch Stellmacher) stellten die Holzarbeiten an Wagen für Güter- und Personenbeförderung und Ackergeräten her. Die Arbeit bestand darin, die Räder, die aus Naben, Speichen und Felgen zusammengesetzt wurden sowie die Gestelle und die Wagenkästen aus gut getrockneten Hölzern anzufertigen. Das zähe und elastische Eschenholz eignete sich vorzüglich für Gestellteile; Ulmen- und Lindenholz für Naben und Speichen. Für die Herstellung des Wagenkastens und der Radfelgen wurde gerne zum Holz der Buche gegriffen. Fichte, Tanne und Kiefer lieferten die zum Wagenbau nötigen Bretter und Verschalungen. Das Holz der Pappel, Linde und Weide wurde hauptsächlich zu Vertäfelungen benutzt.

Die Bearbeitung der einzelnen Bauteile sowie das Zusammenfügen derselben erforderte einige Geschicklichkeit vom Handwerker, vor allem auch gutes und scharfes Werkzeug. Unentbehrlich war die Hobelbank zum Einspannen und Festhalten der Arbeitsstücke und der Radbock zum Eintreiben der Speichen in der Nabe. Darüber hinaus war in der Wagnerei das Vorhandensein von Sägen der verschiedensten Art, spezieller Hobel wie Stab-, Kehl-, Nut-, und Falzhobel, Zugmesser mit gerader und gebogener Schneide, verschiedene Bohrer wie Schnecken-, Löffel- und Zentrumbohrer erforderlich, die mit Hilfe der Drehleier oder der Bohrmaschine bewegt wurden. Stemmeisen, Schraubzwingen und Schmirgelriemen ergänzten das Werkzeug.

Mit der Motorisierung musste der Wagner die Herstellung des Hauptgegenstandes seines Gewerbes, den Ackerwagen einstellen. An seine Stelle trat die Rolle, ein großer Tafelwagen mit gummibereiften Rädern. Er wird in der Fabrik gefertigt und seine Reparatur geschieht nicht mehr durch den Wagner, sondern vom Schlosser für die Eisenteile und vom Schreiner für die Holzteile.

 

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